Das Montafonerhaus - wo sich Dein Blick verfängt

Wenn Du dich im Tal bewegst, wirst Du mit wachsamen Augen erkennen, dass ...

... im Montafon eine Bauweise auftaucht, auf die wir alle ganz besonders stolz sind: das Montafonerhaus. Die Montafonerhäuser sind typische Wohn- und Wirtschaftshäuser, wie sie vom 15. bis ins 20. Jahrhundert hinein im Tal gebaut wurden. Sie zählen zum Typus des Eckflurhauses und zeugen eindrucksvoll von der damaligen Lebensweise der Bewohner. Heute sind sie oft liebevoll restauriert und werden von ihren Besitzern mit viel Feingefühl gehegt und gepflegt. Denn die Montafonerhäuser sind untrennbar mit der Montafoner Kulturlandschaft verbunden und für uns Montafoner beinahe identitätsstiftend. 

Montafonerhaus-Weg Gortipohl | © Montafon Tourismus GmbH

Doch was macht ein Montafonerhaus aus und wie erkennst Du es am besten?

Drei besondere Merkmale sind typisch für diese Bauwerke

Alpines Flurküchenhaus
Montafonerhäuser sind meist Paarhöfe: Wohnhaus und Stall stehen nebeneinander oder in Lawinenzonen wird der Hof durch den hinter ihm stehenden Stall geschützt. Als Grundrissschema
dominiert das sogenannte Flurküchenhaus. Um die Küche „Kochi“ – meist abgeteilt vom Vorhaus „Vorhus“ – mit dem zentralen Ofen/Kamin gruppieren sich die Stube „Stoba“ und das Elternschlafzimmer „Gada“ bzw. die Nebenkammer, „Näbatkammer“. Genau über dem Küchenflur befindet sich das „Kemmigschooß“, über den Stuben einfache Schlafkammern, die „Stoba- und Hinterkammer“. 

Hell-Dunkel-Kontrast
Die Wände des Eingangsbereichs sowie die der dahinterliegenden Flurküche und des Kamingeschoßes sind aus Natursteinen gemauert, verputzt und mit Kalkmilch geweißt. Steinmauern galten als dauerhafter, feuersicherer und widerstandsfähiger. Sie bieten Schutz gegen Lawinen, Steinschlag, Vermurungen. Die Außenwände der Stube, der Nebenkammer und der darüberliegenden Stubenkammern sind mit Holzbalken, meist aus heimischer Fichte, in Blockbauweise verstrickt und innen vertäfelt. Meist wetterseitig angebaute Schöpfe sind mit senkrechten Brettern verschalt.
Kurz gesagt: eine Stein-Holz-Mischbauweise, die sich vor Jahrhunderten aus dem rätoromanischen Haus und dem Walserhaus entwickelte.

Das „Schneedach“
Auf den flach geneigten Satteldächern (20 bis 25 Grad), die außer bei den Schöpfen über einen Meter hinausragen, bleibt die Schneedecke als Wärmeschutz liegen. Raue Legeschindeln verhindern ein Abrutschen des Schnees, Schwerlatten und Schwersteine fungieren als Schneerechen, um Dachlawinen zu verhindern

Manga Hüsli | © Montafon Tourismus GmbH

Ein wahres Schmuckstück

Ein besonders schönes Beispiel eines traditionellen Montafonerhauses ist das liebevoll restaurierte „Manga Hüsli“ in Vandans, das um 1700 errichtet wurde. Pechschwarzes Holz wetteifert mit dem weiß gekalkten Eingangsbereich. Über der Haustüre befindet sich ein Fresko der von Engeln flankierten Muttergottes, kobaltblaue Schlusssteine zieren das hell leuchtende Mauerwerk. 

Woher der Name stammt, weiß niemand so genau. Vielleicht leitet er sich vom Nachnamen „Mangeng“ ab. Klarer ist, was es mit dem geschnitzten Heiland an der Hausfassade auf sich hat, der von Maria und Maria Magdalena flankiert wird. „Wenn die Bauern mit ihrem Vieh auf die Alpen gezogen sind, haben sie hier gebetet“, erzählt die Besitzerin Helga Cofalka. Eine Bitte um Segen ist auch unter den Giebeln über dem Eingang und auf der Rückseite des Hauses zu lesen.

Kachelofen als Herzstück

Vor fünfundzwanzig Jahren ersteigerten Helga und Reiner das Kleinod am Wegesrand Richtung Rellstal und erkannten sofort die Schönheit in dem damals noch desolaten Gebäude: „Es traf uns wie ein Blitz, als wir es gesehen haben.“ Fünf Jahre dauerten die Restaurierungsarbeiten. Mit viel Feingefühl gab das Paar dem aus dem Barock stammenden Bauernhaus seinen ursprünglichen Glanz zurück. Um die alte Struktur zu erhalten, forschten sie in Volkskundemuseen, holten Rat bei Experten, und suchten im ganzen Alpenraum nach originalen Beschlägen, handgeschmiedeten Nägeln und Vollholztüren.

Die Verzierungen der Fassade restaurierte der inzwischen pensionierte Artdirektor selbst. Wer über die ausgetretene Schwelle das Gebäude betritt, dem fällt im Vorhaus sofort das winzige Fenster zur Küche auf. „Da konnte die Hausfrau beim Kochen sehen, wer hereinkam“, erklärt Reiner. Vom „Vorhus“ führt der Weg in die Stube zum Herzstück des Hauses, dem hellen, mit rostroten Tüpfelchen übersäten Kachelofen. Das Paar ließ ihn mit seinen für das Tal charakteristischen Kacheln originalgetreu nachbauen. Er war einst die einzige Wärmequelle für das gesamte Haus. Natürlich darf auch der Montafonertisch in der Stoba nicht fehlen.

Geschichte in jedem Detail

Neben dem Ofen mit dem gemütlichen „Bänkle“ fällt der Blick auf den geschnitzten Wandkasten und die Täferdecke, beide stammen aus dem ehemaligen Vandanser Frühmesserhaus, das in den 1960er-Jahren abgerissen wurde. Das Gemälde, das die Stubendecke ziert, lag jahrelang auf dem Dachboden eines befreundeten Bauern.

„Als er hörte, dass wir das Manga Hüsli restaurieren, hat er es uns geschenkt. Als ob es für unser Haus geschaffen worden wäre, stand sogar der Name ‚Maria Viktoria Mangengin‘ darauf“, erzählt Reiner.

Hohe Wertschätzung

Das Bewusstsein für die Wertigkeit dieser bauhistorisch und heimatkundlich sehr wertvollen Bauwerke ist in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen wie das Beispiel des Manga Hüsli zeigt. Waren früher viele alte Montafonerhäuser dem Verfall preisgegeben, haben sich ihre Besitzer mittlerweile auf ihren Stellenwert zurückbesinnt und pflegen sie heute voller Stolz.

Willst auch Du mehr zu den Montafonerhäusern erfahren?

In Gortipohl sind in unmittelbarer Nähe zueinander zahlreiche historische Montafonerhäuser erhalten. Diese lassen sich auf einer landschaftlich äußerst interessanten Runde – dem Montafonerhausweg – besonders gut erkunden.

Wenn Du Dir das Manga Hüsli nicht entgehen lassen möchtest, empfehlen wir den Baukulturweg in Vandans. Neben diesem Kleinod führt Dich Dein Weg an vielen Montafoner Bauten vorbei, die Dich ein Stück Zeitgeschichte erleben lassen. Traditionelle Bauweisen treffen hier mit aktuellen Lebensentwürfen zusammen und bieten eine reizvolle Mischung als Alt und Neu.

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