Drei im Gespräch
Keine Zukunft ohne Herkunft
Wohi gôt's
"Echt Muntafu" Ausgabe 01 / 2015
Sie sind sich einig: Unser Ländle hat das Zeug dazu, eine unverwechselbare Urlaubsregion zu werden. Dank seiner Kultur, seiner Landschaft und seiner Menschen.
Die Tourismusstrategie 2020 möchte dem heimischen Tourismus Leitplanken in eine rosige Zukunft setzen. Dabei haben die Initiatoren das Rad nicht neu erfunden, sondern sie vertrauen vielmehr auf Bewährtes. Bertram Rhomberg vom Hotel Madrisa, Gabi Schnell, Leiterin Marketing und Kommunikation bei Montafon Tourismus und Christian Schützinger, Geschäftsführer von Vorarlberg Tourismus, haben mit uns über die Initiative und ihre Vorstellungen der Tourismuszukunft gesprochen.
Das Interview
mit Gabi Schnell, Christian Schützinger und Bertram Rhomberg
Herr Schützinger, hinter der Tourismusstrategie 2020 stehen mit Land, Wirtschaftskammer und Vorarlberg Tourismus drei starke Partner. Wie ist dieses Projekt entstanden?
C. Schützinger: Der Impuls ist von Hans-Peter Metzler ausgegangen, als er die Obmannschaft der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer übernommen hat. Er wollte einen Überblick über die längerfristigen Strategien zum Thema Tourismus in Vorarlberg gewinnen, um gemeinsame Handlungsstränge, gleiche Interessen und Fragestellungen zu erkennen.
Warum gründet die Tourismusstrategie 2020 auf den drei Säulen Gastfreundschaft, Nachhaltigkeit, Regionalität?
C. Schützinger: Wenn man auf die Geschichte des Vorarlberger Tourismus zurückblickt, sieht man, dass Gastfreundschaft von Beginn an einer der Gründe war, warum Gäste immer wieder zu uns gekommen sind. Es wird unserem Land auch zugeschrieben, dass man nicht von heute auf morgen lebt, sondern eine längerfristige Perspektive hat. Und unser regionales Angebot war schon immer authentisch. Die drei Säulen sind also nichts Neues. Daher liegt es auf der Hand, dass wir diese Stärken jetzt im Trend der Zeit weiter ausbauen.
B. Rhomberg: Aber es reicht nicht, wenn eine Hand voll Begeisterte mit dabei sind. Wenn es uns gelingt, etwa ein Drittel der Dienstleister im Tourismusgeschäft von dieser Idee zu überzeugen und zum Mitmachen anzuregen, haben wir einen Riesenschritt gemacht. Das ist meiner Ansicht nach die besondere Herausforderung.
Frau Schnell, was bedeutet die Tourismusstrategie 2020 für das Montafon? Welche Ziele und Erwartungen verknüpfen Sie damit?
G. Schnell: Die Vernetzung von Land, Vorarlberg Tourismus und Wirtschaftskammer und das langfristige Ziel, zur Nummer eins zu werden, sehen wir als klaren Mehrwert für unsere Arbeit. Wenn wir Gastfreundschaft, Regionalität und Nachhaltigkeit bündeln und für den Gast noch sichtbarer und spürbarer machen, hat Vorarlberg eine enorme Chance, einzigartig zu werden. Jetzt ist es unsere Aufgabe, die Tourismusstrategie im Tal sowohl bei der Bevölkerung als auch den Tourismusbetrieben zu verankern und möglichst viele mit ins Boot zu holen.
Haben Sie in Ihrem Hotel bereits Aktivitäten im Sinne der Tourismusstrategie gesetzt, Herr Rhomberg?
B. Rhomberg: Ich habe seit Beginn an der Tourismusstrategie 2020 mitgewirkt. Im eigenen Betrieb setzen wir seit Jahren verstärkt auf regionale Produkte in der Küche. Wir betreiben eine nach biologischen Grundsätzen ausgerichtete Berglandwirtschaft und heizen mit Energie aus Biomasse. Wir haben uns auch immer gesellschaftlich und kulturell im Nahbereich engagiert. Unsere Betriebsphilosophie ist so ausgerichtet, dass es auch für Nachfolger eine Perspektive im heimischen Tourismus geben soll. Es müssen nicht alle Möglichkeiten, die sich für einen Betrieb ergeben, in einer Generation umgesetzt werden.
Und wie sieht es mit Projekten im Montafon aus, Frau Schnell?
G. Schnell: Als ein Basisprojekt in Bezug auf die Tourismusstrategie sehe ich den von uns im November gestarteten Dialog mit der Bevölkerung über das Magazin „Echt Muntafu“. Es soll unseren touristischen Arbeitsauftrag transparent machen und gleichzeitig die Umsetzung der Tourismusstrategie anhand von Beispielen erklären. In dieser Ausgabe haben wir ein Interview mit den Montafoner Steinschafzüchtern, die eine Brücke zwischen alter Kultur und jungem Unternehmertum schlagen. Ich glaube, damit lässt sich aufzeigen, was alles machbar ist, und vielleicht regt es sogar zum Nachmachen an.
Was bedeutet für Sie gelebte Gastfreundschaft, gelebte Nachhaltigkeit und gelebte Regionalität?
C. Schützinger: In der Beherbergung, der Gastronomie und anderen Dienstleistungsbereichen sind viele Familienunternehmen tätig. Oft stellt sich die Frage, ob die nächste Generation bereit ist, den Betrieb zu übernehmen. Wenn es uns gelingt, unsere Tourismuswirtschaft so aufzustellen, dass die nächste Generation gerne weitermacht, haben wir unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit viel erreicht.
B. Rhomberg: Für mich bedeutet gelebte Gastfreundschaft vor allem echte Gastfreundschaft. Dahinter steht eine von Grund auf ehrliche Haltung – zugleich ein wesentlicher Gesichtspunkt unserer Vertrauenswürdigkeit. Darauf kommt es an. Nicht umsonst haben wir im Land eine Stammgästequote von über 60 Prozent. Das zeigt, wie vielen Gastgebern es gelingt, ihre Gäste Saison für Saison so zu betreuen, dass sie gerne wiederkommen.
G. Schnell: Gelebte Regionalität beginnt für mich beim „Grüaß di“, wenn man im Montafon jemandem begegnet. Dazu gehört aber auch das Angebot der Hotellerie – mit urigen Montafoner Stuben und saisonalen regionalen Angeboten in der Küche. Und schließlich auch Bergerlebnisse, die mit der Kultur des Montafon verknüpft sind, wie eine Maisäß-Wanderung, der AlpkulTour Weg und der Schmugglerpfad.
Versetzen wir uns ins Jahr 2020. Woran lässt sich erkennen, dass Ihr gemeinsames Projekt ein Erfolg geworden ist?
B. Rhomberg: Wenn wir ehrlich mit diesen Werten umgehen und sie wirklich gelebt werden. Und zwar nicht nur im Nahbereich, sondern auch darüber hinaus.
G. Schnell: Wenn der Tourismus wieder ein attraktives Arbeitsfeld für junge Leute ist und die Begeisterung dafür bei der Bevölkerung erkennbar ist. Wenn wir sehen, dass der Tourismus Hand in Hand geht mit Wohnen, Leben und Kultur. Und nicht zuletzt, wenn auch die nächste Generation der Stammgäste oder etwa die vielen jungen Sportler der Europäischen Olympischen Jugendspiele mit ihrer Familie gerne wieder zu uns kommen.
C. Schützinger: Wenn die Bevölkerungszahlen im ländlichen Raum gleich bleiben oder sogar zunehmen. Und wir in den Gästebefragungen feststellen, dass Themen wie Gastfreundschaft, regionale Küche und Nachhaltigkeit im österreichischen Vergleich ein Top-Ranking erzielen.
KURZINFO aus dem "Echt Muntafu" Ausgabe 01 / 2015
60 Prozent Stammgästequote - damit ist Vorarlberg im Bundesländer-Vergleich absolute Spitze.
Gäste, die dem Land ihre Treue halten, sollen auch zukünftig ein Erfolgsgarant sein.
Ausgewählte Projekte (Stand: "Echt Muntafu" Ausgabe 02 / 2015)
Unternehmen, die Gastfreundschaft leben und sich regionalen Produkten, Natur, Kultur, Architektur sowie besonderer Mitarbeiterförderung verschrieben haben, können sich als "Gastgeber auf Vorarlberger Art" auszeichnen lassen.
Die Plattform ermöglicht der Hotellerie und Gastronomie regionale Produkte und Erzeugnisse direkt von heimischen Produzenten zu beziehen.
Ähnlich ist der Verein "bewusstmontafon", der sich für die Zusammenarbeit von Gast- und Landwirten im ganzen Tal einsetzt.
Neue Wege in der Rekrutierung, Betreuung und Bindung von (saisonalen) Mitarbeitern werden erarbeitet und Maßnahmen zur Steigerung der Qualität und Attraktivität des toursitischen Arbeitsplatzes gesetzt.
Ziele des Bildungshauses:
"Menschen im Tourismus stärken". Durch umfassende Aus- und Weiterbildung sowie als Anlaufstelle für jedes Anliegen.
Zukunft auf Ländle-Art
An die Spitze
In den kommenden Jahren soll das Ländle die Nummer eins in Sachen Regionalität, Gastfreundschaft und Nachhaltigkeit werden. Den Weg dahin weist die Tourismusstrategie 2020.
Die drei Säulen der Tourismusstrategie 2020
REGIONALITÄT
1. Regionale Qualitätsprodukte in Gastronomie und Hotellerie
2. Regionale Kultur, saisonale Struktur und Naturqualität
3. "Architekturland Vorarlberg" auch in den Urlaubsdestinationen
4. Regional agieren bzw. Regionaliät hervorheben
GASTFREUNDLICHKEIT
1. Ausbildungsqualität: "Arbeitsplatz Tourismus" attraktiv gestalten - für bestqualifizierte Mitarbeiter
2. Mitarbeiterzufriedenheit: hochmotivierte Menschen als wichtigestes Kapitel
3. Gästezufriedenheit
4. Gastfreundlichkeit soll sich im Marktauftritt wiederspiegeln
NACHHALTIGKEIT
1. Sorgsamer Umgang mit Energie und Ressourcen
2. Innovative Mobilitätslösungen
3. Abfallwirtschaft und Reinigung
Zwischen Bodensee und Piz Buin funkeln unberührte Naturjuwele locken „b’sundrige Plätzle“ zum Verweilen, laden mit Liebe geführte Lokale zum Genießen ein und sorgen „üsre Lüt“ für eine unverwechselbare Atmosphäre. Nicht umsonst kommen immer mehr Gäste schon beim Gedanken an das Urlaubsland Vorarlberg ins Schwärmen. Damit das auch in Zukunft so bleibt und sich Vorarlberg weiterhin am internationalen Markt behaupten kann, haben sich auf Initiative der Wirtschaftskammer das Land und Vorarlberg Tourismus zusammengetan. Gemeinsam treiben sie seit 2012 mit viel Engagement die „Tourismusstrategie 2020“ voran. Deren Ziel ist kein Geringeres, als mit hoher Qualität, authentischer Gastlichkeit, regionaler Genusskultur und nachhaltigem Tourismus für unsere Gäste zur Nummer eins in Europa zu werden.
HOHE SCHLAGKRAFT FÜR ECHTE WERTE
Manuel Bitschnau, Geschäftsführer von Montafon Tourismus, setzt hohe Erwartungen in das Vorhaben, schon angesichts der hohen Schlagkraft durch die Projektbetreiber: „Dass das Land, die Wirtschaftskammer und Vorarlberg Tourismus dieses Projekt gemeinsam stemmen, ist für mich der größte Vorteil, denn bisher hat eigentlich jeder für sich agiert.“ Mit der „Tourismusstrategie 2020“ haben sich die Beteiligten außerdem zur nachhaltigen Entwicklung des Tourismus verpflichtet. Und schließlich erkennt Bitschnau in den Inhalten, der Besinnung auf heimische Werte und Ressourcen, die große Chance für den Tourismus. „Die drei Säulen der Tourismusstrategie 2020 sind Gastfreundschaft, Regionalität und Nachhaltigkeit. Das sind jene Werte, die unsere Gäste verstärkt suchen und durch die wir uns, in Kombination mit unserer sportlichen Positionierung, von anderen Regionen unterscheiden können“, weiß der Tourismusexperte. „Deshalb müssen wir diese verstärkt ins Bewusstsein bringen – und zwar nicht nur innerhalb der Branche, sondern auch in der Bevölkerung.“
Um das zu schaffen, kooperieren nun alle Beteiligten aus der Tourismusbranche eng mit Landwirtschaft, Kultur, öffentlichen Einrichtungen, politischen Entscheidungsträgern und weiteren Partnern. Die ersten Arbeitsprojekte sind geschnürt und teilweise bereits in Angriff genommen worden.
Quelle: KURZINFO aus dem "Echt Muntafu" Ausgabe 01 / 2015