Retter in der Not
Peter Kasper und Martin Mathies haben sich zum Ziel gesetzt, die Montafoner Steinschafe zu retten. Ein vorbildliches Projekt für authentische Nachhaltigkeit, das die beiden mit viel Überzeugungsarbeit, Durchhaltevermögen und Engagement umsetzen.
Wie kam es dazu, dass die Montafoner Ursprungsrasse vom Aussterben bewahrt werden muss?
Peter Kasper: Das Steinschaf hat sich über Jahrhunderte im Montafon entwickelt. Es ist neben dem Montafoner Braunvieh die einzige aus Vorarlberg stammende Tierrasse. Früher gab es tausende Tiere. Sie wurden neben den ertragreicheren Ziegen und Kühen als Woll- und Fleischlieferanten unter sehr einfachen Bedingungen gehalten. Durch die weniger liebevolle Behandlung wurden die Steinschafe sehr robust und genügsam. Nach dem zweiten Weltkrieg trat jedoch Rindfleisch immer mehr in den Vordergrund und Schaffleisch in den Hintergrund. Besonders weil das Fleisch der kleinen, zierlichen Steinschafe im Vergleich zu anderen Rassen einfach nicht ergiebig genug war.
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, Montafoner Steinschafe zu züchten?
Peter Kasper: Die Montafoner Steinschafe kannte ich früher nur aus Erzählungen meines Vaters. Vor einigen Jahren habe ich dann zufällig Züchter kennengelernt und drei Montafoner Steinschafe gekauft. Seitdem halte ich sie zusammen mit anderen Tieren.
Martin Mathies: Meine Familie hat schon immer Tiere gehabt, etwa Hennen, Kühe und Bienen. Irgendwann wollte ich mich auf ein Tier konzentrieren. Peter musste mich dann nicht lange überreden, es auch mit den Steinschafen zu versuchen.
Seit wann gibt es Eure Initiative „Montafoner Steinschaf“ und was ist seit der Gründung alles passiert?
Peter Kasper: Gegründet haben wir die Initiative 2011. Der erste Schritt war, weitere Landwirte für die Steinschafzucht zu begeistern. Anfangs wurden wir belächelt. Viele hatten Vorurteile, etwa dass die Tiere wild und scheu wären. Das stimmt nicht, sie sind bei liebevoller Haltung sehr zutraulich. Zum Glück konnten wir mit etwas Überzeugungsarbeit alle Vorbehalte widerlegen.
Martin Mathies: Seitdem konnten wir viele Neuzüchter gewinnen – sogar solche, die zuvor noch nichts mit Viehzucht am Hut hatten. Derzeit sind wir ca. 30 Züchterinnen und Züchter, das heißt die Züchterschaft hat sich seit 2011 deutlich vergrößert. Im Montafon gibt es im Moment etwa 600 bis 700 Tiere. Obwohl das schon beachtliche Zahlen sind, müssen wir dranbleiben und weiterhin alles dafür tun, die Rasse im Montafon zu erhalten. Also jeder, der Interesse an der Zucht hat, kann sich gerne bei uns melden.
Nehmen wir an, ein Leser wäre jetzt an der Zucht interessiert. Wie würdet Ihr ihn von den Vorzügen des Montafoner Steinschafs überzeugen?
Martin Mathies: Die Tiere sind sehr robust und widerstandsfähig. Einen Tierarzt musste ich noch kaum rufen. Und sie sind auch sehr genügsam. Heu und Wasser und ab und zu ein bisschen Kleie als Belohnung – das ist alles, was auf ihrem Speiseplan steht. Es sind einfache, handzahme Tiere, die man schnell ins Herz schließt.
Eines Eurer Ziele ist es, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu verbessern. Merkt Ihr hier schon einen Fortschritt?
Peter Kasper: Ja, eindeutig. Das Bewusstsein und auch das Interesse der Bevölkerung sind spürbar größer geworden. Viele haben erkannt, dass es etwas Besonderes ist, als Tal eine eigene Schafsrasse vorweisen zu können und kommen aktiv auf uns zu, um mehr zu erfahren. Ganz besonders freut uns das Interesse der Jungend. Zum Beispiel besuchen uns laufend Schul- und Kindergartenklassen. Genau dort, bei der nächsten Generation, müssen wir ansetzen.
Ihr bietet auch Produkte vom Steinschaf zum Verkauf an. Wie kommen diese bei den Montafonern an?
Martin Mathies: Wir haben im Moment etwa 19 verschiedene Produkte im Sortiment, die wir selbst entwickeln und vertreiben. Die Palette variiert laufend und reicht vom Polster, über Schuhe, Taschen, Felle und Teppiche hin zu Fleisch und Tierpatenschaften.
Peter Kasper: Das wachsende Interesse zeigt sich auch an der Bereitschaft, auf die Produkte zu warten. Für einen Teppich aus Schafwolle muss sich der Käufer bis zu drei Monate lang gedulden. Trotzdem macht es den meisten nichts aus. Sie wissen, dass sie in ein nachhaltiges Produkt investieren.