Ein sportliches Abenteuer & viele beeindruckende Momente
Wenn schon endlich in Vorarlberg, dann auch sinnlich und genussvoll. Der Besuch im äußersten Westen Österreichs gipfelt für mich in einem sportlichen Abenteuer beim Montafon Arlberg Marathon. Aber auch das weitere Programm über drei Tage in einem der schönsten Täler der Alpen lässt mein bewegungshungriges Herz bei vielen Gelegenheiten höherschlagen. Ein emotionaler Rückblick.
Das Angebot des Veranstalters erreicht mich im Jänner. Ein kurzer Blick auf die Webseite des Events genügt. Ich bin Feuer und Flamme für die Vorstellung, beim wohl schönsten heimischen Bergmarathon dabei sein zu dürfen. Fünf Monate später stehe ich an der Startlinie des Montafon Arlberg Marathons, ein wohliger Schauer rieselt mir über Arme und Beine. Es soll mein erster richtiger Wettkampf seit drei Jahren werden. Das Virus hat so viel Schönes kaputt gemacht. Aber heute, am 25. Juni 2022, kann mich nichts und niemand daran hindern, einen ausgiebigen Lauf unter Rennbedingungen zu genießen. Auf mich wartet die Challenge T33-Trail. Und ich bin guter Dinge, die 33,5 km von St. Anton am Arlberg nach Silbertal im Montafon über die Landesgrenze Tirol-Vorarlberg erfolgreich und mit viel Freude zu absolvieren. 780 Höhenmeter bergauf, danach 1.150 Höhenmeter bergab. Einmal Himmel und zurück, verspricht die Topographie der Strecke.
Der Wettkampftag, 25. Juni 2022
Von einem Gewitter sind wir am Wettkampftag Gott sei Dank weit entfernt, die Sonne begleitet alle Sportlerinnen und Sportler vom Start kurz nach 8 Uhr bis zum Zieleinlauf am frühen Nachmittag. Dazwischen liegen entweder 42,195, oder 33,5 oder 17 Kilometer, je nach gewählter Distanz. Dem Wetter ist die Distanz egal, alle bekommen ihre große Dosis Sonnenschein. Da es am Vortag ausgiebig geregnet und abgekühlt hat, wird es heute auch nicht zu heiß.
Nach dem Start verlassen die Läuferinnen und Läufer St. Anton in Richtung Rosannaweg. Ich bin mittendrin und lasse es ruhig angehen. Nach einem ersten herausfordernden Kilometer durch die an diesem Tag überaus feuchte Rosannaschlucht finde ich meinen Rhythmus und konzentriere mich auf den langen Anstieg vorbei am Verwallsee durch das Verwalltal. Einsame Almhütten säumen den Weg, einmal begleiten uns einige Kühe, die wirken, als ob sie sich verlaufen hätten. Die Umgebung leuchtet in allen Grün- und Brauntönen, die klare Bergluft lädt zum tiefen Einatmen ein. Immer wieder packen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Smartphones aus, um diese sagenhaften Natureindrücke als Bild einzufangen. Ich schnappe hier und dort Superlative in verschiedenen Sprachen auf und nicke wohlwollend. Was sich vor unseren Augen ausbreitet, lässt sich nur schwer in Worte fassen, viele sind sprachlos und überwältigt.
Es geht aufwärts, ...
... mitten in den Himmel, so hat es den Anschein. Höher und höher bewegen wir uns in einer Kette, die nicht abreißen will. Mehr als 400 Läuferinnen und Läufer bilden ein farbenfrohes Szenario. Auf dem höchsten Punkt der Strecke, beim Schönverwall auf 1.950 Metern, wartet eine neue Herausforderung. Die Regenfälle vom Vortag haben die hochalpine Landschaft in ein Potpourri aus saftigen Wiesen, dunkelbraunem Morast, rauschendem Wasser und rutschigen Steinen verwandelt, für mich wird jeder Schritt zum kräfteraubenden Tanz mit dem Gleichgewicht. Mehr als drei Kilometer ist dieses schwierige Teilstück lang. Wir passieren den malerischen Langsee, danach warten bei der Oberen Freschalpe auf mich Verpflegung, grasende Hochlandrinder und ein langes Wegstück bergab bis nach Silbertal. Wer im Anstieg zu viele Kräfte verbraucht hat, wird nun richtig auf die Probe gestellt. Schonungslos werden Trainingsrückstand und andere Defizite aufgedeckt. Hier rutscht einer aus, dort knickt eine mit dem Fuß um. Wie wird meine Muskulatur auf 1.100 Meter Gefälle über eine Distanz von 16 Kilometern reagieren? Ich bin gut gerüstet: mit Kohlenhydratgels, Riegel, Iso-Getränk, Salztabletten und einer ordentlichen Portion Fitness, der Vorbereitung sei Dank. Nichts von der mitgebrachten Verpflegung würde ich jedoch benötigen, da die Versorgung entlang der Strecke mustergültig ist. Acht Labestellen in regelmäßigen Abständen sorgen für die nötige Erfrischung und Energiezufuhr. Keine muss hungern oder dursten, keiner kommt zu kurz, es ist genug für alle da.
Kräutertipps gegen müde Muskeln
Auf dem letzten Viertel spüre ich meine Kräfte schwinden, das lange Bergablaufen belastet Muskeln und Gelenke ordentlich. Ich denke wieder an die Wanderung am Vortag und die Kräutertipps meiner Wanderführerin. Farn, Arnika, Breitwegerich, Wildthymian, alles und vieles mehr blüht hier am Wegesrand. Doch heute brauche ich keine Linderung, die Reserven reichen für ein anständiges Finale. Durch das hintere Silbertal, vorbei an der Unteren Gaflunaalpe, dem Alpengasthaus Fellimännle und dem wilden Teufelsbach-Wasserfall rolle ich die letzten Kilometer leicht bergab in den Zielort, wo ich mich nach einer kleinen Schleife durch Silbertal unter herzlichem Applaus als stolzer Finisher feiern lassen darf. Wieder stellen sich Rieseln und Gänsehaut ein. Wieder überkommen mich Emotionen.
Einmal Himmel und zurück - meine Reise ins Montafon
Einmal Himmel und zurück, so habe ich meinen Lauf beim Montafon Arlberg Marathon in atemberaubende Höhen, aber auch meine kurze Reise ins Montafon erlebt. Es war eine Reise durch Orte voller Tradition, mit sympathischen und freundlichen Gastgebern, mit kulinarischen und kulturellen Genüssen und vielen touristischen Hotspots zwischen den gewaltigen Bergmassiven des Rätikon, der Silvretta und des Verwall. Ich komme wieder, keine Frage.