Hochwürden im Himmel auf Erden

Pfarrer Joe Egle glaubt an seinen Herrn und an die heilende Kraft der Kräuter.

Eigentlich heißt er Josef.

Aber so haben sie zuletzt vor 50 Jahren bei den Pfadfindern zu ihm gesagt. Wie überhaupt im Leben von Pfarrer Joe Egle alles ein bisschen anders ist. 

Wenn man Joe Egle googelt, dann streiten sich Süddeutsche, Focus, NZZ und Die Presse um die besten Plätze im Ranking. Sie alle haben schon über den nicht alltäglichen Diener Gottes berichtet. Seine erfrischende Art und seine vielfältigen, für einen Geistlichen teilweise überraschenden Interessen machen ihn zu einem gefragten Botschafter weit über das Tal hinaus.

Im Montafon selbst gibt es kaum einen, der den Pfarrer von Gaschurn und Partenen nicht kennt. Wenn er nicht seinen priesterlichen Pflichten nachgeht, dann ist er mitunter als Skilehrer und Bergretter im Einsatz. Besonders viel Zeit widmet er dem Hobby, das ihn zu einer kleinen Berühmtheit gemacht hat: Ausschließlich selbst gesammelte Kräuter verwertet Egle zu hochwertigem Schnaps, der für ihn weniger Alkohol als vielmehr Medizin ist. 

Begonnen hat diese Leidenschaft zu Hause in Koblach, wo man sich als Bauernfamilie keine Medikamente leisten konnte und es überhaupt zur damaligen Zeit kaum welche gab. Ersatz fand Mama Egle in den Kräutern und Pflanzen der Umgebung. So gab es Schlüsselblumentee bei Erkältungen, Bockshornkleesalben gegen Furunkel und der Saft von in Zucker aufgelösten Nacktschnecken beruhigte den Keuchhusten. Das elterliche Vorbild weckte das Interesse des jungen – damals noch – Josef dermaßen, dass er mittlerweile seit vielen Jahren Kräuter, Wurzeln und Beeren in Schnaps konserviert. 

Die Rohstoffe holt er sich in der Natur, in der Hochwürden fast täglich unterwegs ist. Da die freie Zeit eines Pfarrers spärlich ist, heißt das in der Regel früh aufstehen. „Ich komme meist von oben runter, wenn die anderen hinaufgehen“, sagt Joe Egle, den die Vielfalt der Natur fasziniert. Auf dem relativ kurzen Weg von Gaschurn zu seiner zweiten Pfarrgemeinde Partenen hat ein Fachmann 36 verschiedene Heilkräuter gezählt. Diese und ein paar andere sammelt Joe Egle höchst persönlich mit so viel Detailwissen, dass er vor ein paar Jahren sogar ein Buch mit dem Titel „Elixiere aus der Natur – Schnäpse ansetzen mit Heilpflanzen“ veröffentlicht hat. 

Wenn es sein muss, bringt der beliebte Geistliche dabei auch körperlich vollen Einsatz. Für seinen weitum begehrten Zirbenschnaps „muss ich regelmäßig ganz hoch klettern, denn die Zapfen sind nur im oberen Teil der Bäume zu bekommen“, erzählt Egle. 



„Ich komme meist von oben runter, wenn die anderen hinaufgehen.“

Pfarrer Joe Egle

Große Auswahl

Ungefähr 50 verschiedene Sorten gibt es im leicht improvisierten (Pfarr-)Hofladen. Was Joe Egle selbst am fertigen Schnaps interessiert, ist nicht der Alkohol. Hier bevorzugt er ein Glas Rotwein zum Abendessen. „Mir geht es darum, die Wirkung der Kräuter so lange wie möglich zu bewahren.“ Sie als Tee zu nutzen sei zwar gut, aber der heilende Effekt eben auf eine gewisse Zeitdauer beschränkt. „Ein Kräuterschnaps kann auch nach drei Generationen noch verwendet werden.“ 

Damit er so perfekt wird, wie es sich der ausgewiesene Experte vorstellt, hilft ihm sein Bruder. Mit ihm zusammen gelingt beispielsweise erwähnter Zirbenschnaps so, dass er bei einer Erkältung die Atemwege freihält – und seine herzstärkende Wirkung entfaltet. Wer den vitalen Pfarrer beobachtet, wird den Verdacht nicht los, dass er die Kraft seiner Wässerchen in der richtigen Dosis auch an sich selbst gerne testet. 

Ins Montafon gekommen ist Joe Egle nach Stationen in Dornbirn, Rankweil und Klostertal im Lawinenwinter 1999. Das Tal hat ihn von Anfang an in den Bann gezogen: „Berge, Wasser, Ruhe, gute Luft – wir haben hier den Himmel auf Erden.“ Mit seinen Schäflein ist er zufrieden, auch „weil man hier doch noch achtsam mit der Natur umgeht“. Dieses Juwel weiter zu schützen und zu bewahren sei eine vordringliche Aufgabe in Zeiten, wo man die eigene Identität zugunsten des Profits gerne in Frage stelle.

Persönlich

Zur Unverwechselbarkeit des Montafons gehört für Joe Egle auch der Umgang mit den Gästen. „Die Qualität der Begegnung macht die Qualität der Destination aus“, ist er überzeugt. „Die Leute mögen unsere persönliche Art, unsere Offenheit und Bodenständigkeit.“ Echt bleiben, einfach und unkompliziert – dann kämen die Leute aus der ganzen Welt noch lange gern ins Montafon.

So wie Regisseur Joseph Vilsmaier, mit dem Joe Egle seit den Dreharbeiten zu „Schlafes Bruder“ befreundet ist. Was nicht nur dazu führte, dass dessen Tochter von Joe Egle getauft wurde. Im ebenfalls von Vilsmaier produzierten Film „Bergkristall“ hat Hochwürden einen Kurzauftritt als Mesner … Für kleine Überraschungen ist er offensichtlich in allen Lebenslagen gut.

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