Die wirtschaftliche Entwicklung des Montafon in den letzten 100 Jahren.
Das ehemals unvorstellbar arme Bergbauerntal Montafon hat sich erst in den letzten gut 100 Jahren wirtschaftlich entwickelt. Die Landwirtschaft wurde vor allem durch die Stromindustrie und den Tourismus verdrängt und hat dem Tal nach und nach zum heutigen Wohlstand verholfen. Der Beitrag skizziert diese Entwicklung.
Nachdem der Bergbau nach tausenden Jahren (bereits vor 3500 Jahren gab es Bergbau im Montafon!) praktisch zum Erliegen gekommen war, wurde die Talschaft wieder auf die Landwirtschaft zurückgeworfen. Die meisten Familien lebten von der Landwirtschaft. Mit der 3-Stufen-Landwirtschaft wurde die Ausnutzung des Bodens und der steilen Hänge zwar optimiert, dennoch reichte der Ertrag aus der Landwirtschaft trotz harter Arbeit häufig nicht aus, um auch nur die eigene Familie zu ernähren.
Die im Land Vorarlberg weit verbreitete Textilindustrie konnte im Montafon nicht wirklich Fuß fassen, was an den problematischen Verkehrswegen und daran lag, dass Industrie im Tal nicht gewollt war. Ausnahme ist die Lodenfabrik in Schruns, die im 19. Jahrhundert gegründet wurde und immerhin bis 1970 bestand. Sie war für die damals weit verbreitete Schafzucht dankbarer Wollabnehmer.
Viele Montafoner mussten sich als Saisonarbeiter durchschlagen und z.B. als Bauhandwerker oder mit dem Krauthobel durch halb Europa wandern. Sogar der durch Buch und Film als Schwabenkinder bekannt gewordene Nachwuchs wurde über den Sommer auf schwäbische Bauernhöfe geschickt, um als Hirtenbube oder Kindermädchen nicht als Esser der Familie zur Last zu fallen. Die Kinder arbeiteten für Unterkunft und Verpflegung und erhielten neue Kleider und Schuhe.
Tourismusaufschwung
Mittlerweile ist der Tourismus wichtigster Wirtschaftszweig im Tal, der schon deutlich über 100 Jahre existiert. Am Anfang wurden Schutzhütten von den Alpenvereinen errichtet und Wege angelegt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Wintersportvereine im Montafon gegründet. Auch Berühmtheiten wie Ernest Hemingway kamen in den 1920er-Jahren ins Montafon.
Zwischen den Weltkriegen wurden dann die ersten Skischulen eröffnet. Mit der Stromerzeugung entstanden durch Stauseen und allem voran der Silvretta-Hochalpenstraße weitere Attraktionen für Touristen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1947 der erste Skilift im Montafon auf Grabs errichtet. In den Anfängen haben die Bewohner des Montafon häufig ihre privaten Räume an Gäste vermietet und sind selbst in den Keller oder auf den Dachboden gezogen während der Saison.
Nachdem zunächst der Sommer im Mittelpunkt des touristischen Interesses stand, drehte dies aufgrund der zunehmenden Wintersportaktivitäten breiter Bevölkerungsschichten und der Winter wurde ab 1981 stärkste Saison im Montafon. Von allen Beteiligten werden mittlerweile große Anstrengungen unternommen, Ganzjahresattraktionen und touristische Infrastruktur auch für die Sommermonate aufzubauen, wie z.B. die Mountainbike-Bemühungen, Aktivpark Montafon, Klettergärten, Waldrutschenpark-Golm etc. Im ganzen Jahr zählt das Montafon rund 2 Mio. Nächtigungen, davon immer noch deutlich über der Hälfte im Winter.
Verbleibende Bedeutung der Landwirtschaft
Mit der aufkommenden Industrialisierung sowie der verkehrstechnischen Erschließung des Tals und der beginnenden Stromproduktion verlor die Landwirtschaft als Selbstversorgungs- und Einkunftsquelle für die Montafoner zusehends an Bedeutung.
Landwirtschaft gibt es immer noch im Tal, auch wenn hauptberufliche Landwirte nur noch ca. 3 % der Erwerbstätigen ausmachen - im Vergleich zu über 90 % vor 100 Jahren und noch über 50 % in den 1930er-Jahren. Sie sorgen für die Pflege der Kulturlandschaft und produzieren vor allem Milch, Butter und Käse (Bergkäse und Sura Kees), aber auch Fleisch von Rindern und Kälbern, vereinzelt auch von Schweinen und Montafoner Steinschafen.
Die heutigen Landwirte sind aber meist nur im Nebenberuf Landwirte, führen also die Tradition ihrer Vorfahren quasi als Hobby weiter. Ohne sie wäre gerade die Freihaltung der Wiesen auf Maisäß- und Alpebene kaum möglich und noch weniger finanzierbar.